In Berlin lässt sich gut beobachten, was wirklich zusammengewachsen und wo nach wie vor Trennendes sichtbar ist. Entlang des ehemaligen Mauerstreifens in Mitte befindet sich an der Niederkirchnerstraße ein von Touristen viel besuchter Überrest der Berliner Mauer. Die Diskussionen über ihren Erhalt als Denkmal und die Markierung des ehemaligen Grenzstreifens verliefen kontrovers zwischen Erinnerungskultur und dem Bedürfnis, die Dokumente an die einschränkenden Erfahrungen des Alltags zu tilgen.
Markante Touristenmagnete wie der ehemalige Checkpoint Charlie oder der Potsdamer Platz erinnern an Disneyland oder sind zu Orten des Kommerzes geworden. Anders die Stele zum Gedenken an den Mauertoten Peter Fechter. Es ist ein Ort der gemeinsamen Erinnerung an die Konfrontation beider politische Systeme im Kalten Krieg auf Kosten menschlicher Schicksale.
An der Bernauer Straße ist eine Gedenklandschaft auf dem ehemaligen Mauerstreifen entstanden. Interessant ist, wie sich die Menschen heute in den Stadtteilen beiderseits der alten Trennungslinie fühlen: Die Mauer ist fast weg, aber es scheint sich im Nachgang ein sozialer und mentaler Gegensatz etabliert zu haben: Neuberliner*innen in renovierten Alt- oder in Neubauten, die sich gegen die Bewohner*innen im sozialen Wohnungsbau im benachbarten Wedding abgrenzen. In Prenzlauer Berg, nach der Vereinigung das größte Sanierungsgebiet Europas, wohnt kaum noch jemand mit Ost-Berliner Familiengeschichte. Auf der ehemaligen „Frontinsel West-Berlin“ hingegen gibt es Stadtteile, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.
Der Palast der Republik, auch ein Ort der Begegnung von Ost und West, musste dem Humboldt Forum weichen.
Nach den Wahlen am letzten Sonntag werden sich demnächst der neue Bundestag und das Berliner Abgeordnetenhaus zusammensetzen: Ehemals Ost und West haben unterschiedlich gewählt. Drücken sich in den neuen Parlamenten eher Gegensätze oder Gemeinsamkeiten aus?
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