Am 11. April 1968, einem Gründonnerstag, wartete Rudi Dutschke hier auf die Öffnung der Apotheke, um ein Medikament für seinen Sohn zu besorgen. Er wohnte in der Nähe und war auf dem Weg ins Büro des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, das um die Ecke lag. Da kam der Hilfsarbeiter Josef Bachmann auf ihn zu, zog seine Pistole und schoss dreimal auf den prominenten Wortführer der Studentenbewegung.
Bachmann war Neonazi und fühlte sich von der zum Teil diffamierenden Berichterstattung der Springerpresse und der aufgeheizten Stimmung in diesen Monaten angestachelt. Die Nachricht von dem Attentat ging wie ein Lauffeuer um. Noch am Abend zogen Demonstrierende vor das Verlagshaus von Springer, um die Auslieferung der Bildzeitung zu verhindern. Dabei kippten sie Lieferfahrzeuge um oder steckten sie in Brand. Es war der Auftakt zu den schwersten Straßenunruhen auch in anderen Städten, die die Bundesrepublik bis dahin erlebt hat.
Die Anliegen der Studentenbewegung, wie der Protest gegen den Vietnam-Krieg, gegen die Ordinarien-Universität, gegen Alt-Nazis in hohen Funktionen oder gegen die verkrusteten Strukturen in Politik und Gesellschaft, sowie ihr provokantes Auftreten stießen auf Widerstand der verharrenden Kräfte und des Establishments. Spätestens seit der Polizist Kurras ein Jahr zuvor Benno Ohnesorg in der Näher der Deutschen Oper erschossen hatte, wurde der gesellschaftliche Konflikt offensichtlich und die Forderung nach Veränderungen über das studentische Milieu hinaus immer lauter. Die Republik ist seitdem eine andere geworden, liberaler, demokratischer, offener.
Rudi Dutschke überlebte das Attentat, starb aber Heiligabend 1979 an den Spätfolgen der Schussverletzungen. So steht es auf der Gedenktafel. Hier, wo damals sein Fahrrad und seine Schuhe liegen blieben, nachdem er im Krankenwagen abtransportiert wurde, umrahmt von den Kreidekreisen der Polizei. Zum 50. Jahrestag wurde hier im Beisein von Gretchen Dutschke an das Attentat erinnert und Schuhe in Kreidekreisen um die Gedenktafel gestellt. Wer heute an der Bushaltestelle steht, kann auf der Informationstafel der Berliner Geschichtswerkstatt auf der Rückseite mehr erfahren. Unnachgiebig nachfragen, streiten, Autoritäten und Ungerechtigkeit in Frage stellen: Das können wir sicher auch heute noch von Rudi Dutschke lernen.
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