Wie passt dieser religiöse Bau, der sehr gut sichtbar am nördlichen Ende des Lenther Steigs steht, zu unserer Reihe unSICHTBAR? In Berlin stehen viele Kirchen, doch die wenigsten dürften über ihre eigene Kirchengemeinde hinaus bekannt sein. An vielen fahren oder gehen wir tagtäglich vorbei und kennen vielleicht gerade noch deren Namen.
Aber egal ob wir Kirchgänger sind oder nicht, Kirchen stellen Orientierungspunkte in der städtischen Landschaft dar. Vor allem dann, wenn sie mit einem hohen Turm ausgestattet sind, den wir von weitem sehen können. Der Turm der Christophoruskirche ist sogar 32 Meter hoch und überragt die Mehrfamilienhäuser, die den Kirchenbau umgeben und zur Siedlung „Heimat“ gehören, eine von mehreren Siedlungen der Siemensstadt.
Als 1929 Hans Christoph Hertlein, der langjährige Architekt der Firma Siemens, mit dem Bau dieser „Evangelischen Kirche Siemensstadt“ begann, markierten sakrale Bauwerke immer noch den Mittelpunkt eines Gemeinwesens. Und hier an dieser Stelle, der Kreuzung mit dem Schuckertdamm, steht die seit 1991 aus Anlass des 60-jährigen Jubiläums so benannte Christophoruskirche wahrlich im Mittelpunkt.
Als erstes fällt mir der Kontrast auf zwischen dem wehrhaft wirkenden Turm und den anheimelnden seitlichen Gebäuden mit den vielen Fenstern, dem Pfarrhaus und dem Gemeindehaus. Dann geht der Blick fast automatisch nach oben und die geniale Kreativität Hertleins wird sichtbar, die in der Vermischung von profanen und religiösen Symbolen ihren Ausdruck findet. Drei markante Elemente auf der Fassade nehmen dem Turm seinem wehrhaften Charakter: die drei Kreuze, die Uhr und die venezianisch anmutende Fensterreihe ganz oben, in deren Mitte ein kleiner Balkon hervortritt, gekrönt mit dem Christusmonogramm. Und ich frage mich: wer soll von da aus zu wem reden?
Darunter lassen weitere schöne Details erkennen, dass Hertlein mit verschiedener Gestaltung zu spielen wusste. Es bleibt nur noch eine sehr wichtige Frage: wo ist der eigentliche Kirchenraum? Er ist hinter dem Turm versteckt und hat überraschenderweise eine komplett andere Form: er ist nicht longitudinal, sondern rund, inspiriert durch großartige und berühmte Rundbauten aus vergangenen Epochen, wie dem Pantheon, der Dresdner Frauenkirche oder der Hagia Sopia. Die Idealform des protestantischen Kirchenbaus seit der Reformation. Was für eine Kirche in einer Arbeitersiedlung!
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!