Zwischen all den Neubauten war er immer leicht zu übersehen. Jetzt ist er es auch. Denn der alte Wachturm steht mitten auf einer Baustelle hinter einem hohen Holzzaun, der oben mit Stacheldraht gesichert ist. Erweiterungsbauten für den Bundesrat sollen hier entstehen, lese ich auf einer großen Tafel. 
Unwillkürlich denke ich an die Zeit zurück, als wir auf Leitern kletterten, um über die Mauer zu schauen und vielleicht irgendwo ganz weit hinten Tante und Onkel zu erkennen, die zur gleichen Zeit, so nah wie nur möglich, an den Mauerstreifen gekommen waren. Zuwinken wollten wir uns. Beobachtet von den Grenzsoldaten oben auf den Wachtürmen. 
Der 13. August 1961 war ein Sonntag. Ein heißer Sommertag. In der Nacht hatten DDR-Grenztruppen alle Straßen, die von West- nach Ost-Berlin führten, mit Stacheldraht abgeriegelt. Sämtliche Verkehrswege wurden unterbrochen. U- und S-Bahnen und Busse fuhren nicht mehr über die Sektorengrenze. Nur einige Tage später wurde damit begonnen, aus Betonziegeln eine Mauer quer durch die Stadt zu bauen. Über 43 Kilometer. Vom äußersten Zipfel im Norden bis zum Stadtrand im Süden West-Berlins. Mehr als 200 Wachtürme standen entlang der Mauer. Rund um die Uhr von zwei Grenzsoldaten besetzt.
Ab 1966 wurden die Türme aus massivem Beton gebaut. 11 Meter hoch. Alle hatten einen runden Schaft und eine achteckige Turmkanzel mit schrägen Fenstern und Schießscharten. Oben auf der Kanzel waren Scheinwerfer montiert. Eine Toilette oder Heizung gab es nicht.

Der „Rundblickbeobachtungsturm“ zur Überwachung des Grenzstreifens am Potsdamer Platz und des Geländes am „Haus der Ministerien“ - dem heutigen Bundesfinanzministerium - wurde 1971 aufgestellt. Als nach dem Fall der Mauer die Bauarbeiten am Potsdamer- und Leipziger Platz begannen, bekam er seinen neuen Standort in der Erna-Berger-Straße.
Besichtigen kann man ihn im Moment nicht. Nur durch die massive Drehtür fotografieren.

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