Ganz unscheinbar stehen hier einige Siedlungshäuser im zur Nazi-Zeit beliebten „Heimatschutzstil“ – mit Fensterläden und Spitzdächern. Vordergründig harmlos war auch die Bezeichnung, als die Deutsche Reichspost sie 1940/41 errichten ließ: Telephonverstärkeramt.
Die technischen Anlagen wurden jedoch unterirdisch in einem großen Bunkerkomplex untergebracht. Dazu gehörten auch die Abhöranlagen, mit denen der Geheimdienst des Reichsluftfahrtministeriums Telefongespräche zwischen der Hauptstadt und dem westlichen Teil des Deutschen Reiches belauschen konnte. Alles war hier tatsächlich weitgehend unsichtbar, unauffällig und sicher vor dem Kriegsgeschehen versteckt.
Beinahe ohne Schäden überstand der Komplex den Krieg. Im Sommer 1945 übernahmen die Amerikaner das Gelände, entfernten die Telefontechnik und machten aus der Bunkeranlage das Berlin Document Center.
Trocken und sicher lagerten sie hier etwa 50 Tonnen Akten und Karteikarten aus der NS-Zeit. Dazu gehörten der Großteil der Mitgliederkartei der NSDAP, etwa elf Millionen Karten, und Parteikorrespondenz sowie Personalakten vieler weiterer NS-Institutionen.
Sowohl die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse als auch das zunächst unter alliierter Hoheit durchgeführte Entnazifizierungsprogramm stützen sich auf Material aus dem Berlin Document Center.
Später wurde die Sammlung immer mehr zu einem Ort zeithistorischer Forschung. 1988 verschwanden mehrere tausend Akten aus dem Document Center, die dann auf Trödelmärkten wieder auftauchten.
Mit dem Ende des Besatzungsstatus wurde die Sammlung 1990 organisatorisch in das Bundesarchiv überführt und Mitte der 1990er Jahre an den Standort des Bundesarchivs an der Finkensteinallee in Lichterfelde gebracht.
Auf dem Gelände am Wasserkäfersteig 1 wird heute einfach nur gewohnt. Aus dem Bunker ist eine Tiefgarage geworden. Und so erinnert nur noch die auffällig große Einfahrt unter die Erde an die unsichtbare Geschichte des Ortes, obwohl es diese Einfahrt damals natürlich noch nicht gab.
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