Mit vier Monaten Zeit und dem Wunsch, Berlin möglichst gut kennenzulernen, stießen wir bei den Vorbereitungen unseres Sabbaticals auf das umfangreiche Angebot von StattReisen. Die Zusammenarbeit war unkompliziert, zuverlässig und herzlich. Wir stellten unser Wunschprogramm zusammen und sandten es nach Berlin. Wo nötig, beriet uns das Team kompetent. StattReisen erfüllte alle unsere Wünsche und ermöglichte uns ein maßgeschneidertes, facettenreiches Programm, bestehend aus öffentlichen und privaten Führungen zu verschiedensten Seiten Berlins.
In den 120 Tagen unseres Aufenthalts in der Metropole sind wir zu Berlin-Kennern und Berlin-Liebhabern herangereift, vor allem durch die 79 StattReisen-Führungen, die wir in dieser Zeit genossen. 16 verschiedene Expertinnen und Experten machten uns nicht nur mit den Grundlagen Berlins vertraut, sondern brachten uns die Metropole auch durch zahlreiche Spezialgebiete näher: von Konzepten der Verkehrsführung bis zu solchen von neuen Stadtvierteln, von Armenasylen über Arbeiterpaläste bis zur IBA 87, vom Leben und Wirken bedeutender Persönlichkeiten bis zu Schauplätzen von Protesten und Revolutionen, von stillgelegten Industriegebieten wie Oberschöneweide bis zu Start-Ups an der TU, von Herrn Moses über Pinneberg bis zur Sache mit Randow, von speziellen Kiezen über Parks bis zu Friedhöfen, von Grenzgänge(r)n bis zu Einwanderern damals und heute – um nur einige der vielen Themen zu nennen.
Alle Stadtführerinnen und -führer sind in ihrer Materie sehr bewandert, führen einen zu Originalschauplätzen, analysieren anhand von Karten- und weiteren (Bild-)Materialien das vorliegende Thema, zitieren, erklären, erzählen packend und lebendig. So gelingt es ihnen, Zusammenhänge – auch verborgene und unvermutete – sichtbar und plausibel zu machen.
Schicht um Schicht wurde die Stadt auf unseren Touren freigelegt, an verschiedenen Orten kamen wir mehrmals vorbei, beleuchteten sie aber je nach Thema aus einem anderen Blickwinkel. Am Gendarmenmarkt zum Beispiel kann es um das Schillerdenkmal gehen oder um die Aufbahrung der Märzgefallenen im Bild von Menzel oder um den Theaterkritiker Fontane oder um die Platzstruktur in der NS-Zeit oder um die Bedeutung der Hugenotten für Berlin oder um den Stararchitekten Schinkel oder um Ifflands Intendanz am Schauspielhaus oder um die preussische Toleranz oder um die Namensgebung und Funktion des Französischen und Deutschen Doms oder um die Preußische Seehandelsgesellschaft oder, oder, oder …
Wir verstehen nun die verkehrstechnische, politische, ökonomische, soziologische, kulturelle, hygienische und militärische Dimension und Bedeutung der Ringbahn. Unser Auge wurde geschärft für stadt-, verkehrs- und denkmalplanerische Würfe und Verfehlungen, historische Kenntnisse wurden vertieft und erweitert, Vorurteile korrigiert, unsere Sinne für bislang unbekannte Probleme sensibilisiert. Verheilt geglaubte Wunden der Stadt sind noch da, ihre Narben bei näherem Hinsehen spürbar. Am Beispiel der Gentrifizierung erkannten wir, warum neue Wunden aufgerissen werden – Brüche und Umbrüche. Aber auch das sahen und erlebten wir: Für unbewältigbar Gehaltenes wurde und wird gemeinsam überwunden.
Berlin – diese wundervolle, zärtliche, geschundene, strenge, tolerante, schöne, bald über-, bald unterschätzte Metropole, die so viel Gewalttätigkeit erlebt hatte, mit so viel Geist und Wissen beglückt worden war und wird, ist uns ans Herz gewachsen. Auf unseren ungezählten Kilometern, die wir mit StattReisen zu Fuß und mit dem ÖPNV er-wandert und er-fahren haben, erweiterten wir unser Wissen und Verständnis in jeglicher Hinsicht enorm, vor allem aber haben wir eines: Respekt erworben für die zahlreichen Berlinerinnen und Berliner, die im Wissen um die Einzigartigkeit ihrer Stadt sich unermüdlich und engagiert für ein weiterhin lebenswertes Berlin einsetzen.
Susi Jenny und Markus Egli
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