Der Arzt und Pathologe Rudolf Virchow hat das frühzeitig erkannt und für sich zur Lebensaufgabe gemacht. Bereits die ersten städtischen Einrichtungen am Friedrichshain, in Moabit und am Urban gehen auf seine Initiative zurück. Er sah in den erbärmlichen sozialen und hygienischen Verhältnissen der Arbeiter die Ursache für epidemische Krankheiten wie das Fleckfieber und machte die preußische Regierung dafür verantwortlich. Er publizierte und eckte an und hatte dafür Unterstützer. Zunächst kostete es seine Anstellung und seine Wohnung in Berlin, als er 1848 sich am Barrikadenbau in der Märzrevolution beteiligte.
Aber er war gefragt und kam von Würzburg zurück nach Berlin, wo er das erste Pathologische Institut in Deutschland leitete. Seine medizinischen Forschungen bewirkten einen revolutionären Paradigmenwechsel bei der Sicht auf die Ursache von Krankheiten: Nicht das Verhältnis der Körpersäfte war für Krankheiten verantwortlich, sondern eine Störung der Körperzellen. Virchows Zelltheorie wurde maßgeblich bis heute. Für uns geläufige Krankheitsbegriffe wie Thrombose, Embolie oder Leukämie gehen auf Virchow zurück. Das Virchow Denkmal-von Fritz Klimsch auf dem Karlplatz erinnert an das Ringen des Arztes mit der Krankheit.
Virchow war nicht der Mediziner und Forscher, der sich auf seine Tätigkeit im Krankenhaus oder im Pathologischen Institut beschränkte. Er war ein politischer Mensch. Er engagierte sich zusammen mit dem Stadtplaner James Hobrecht für den Bau einer modernen Abwasserkanalisation und einer zentralen Trinkwasserversorgung, um Epidemien wie die Cholera zu bekämpfen und die hygienischen Verhältnisse in der Stadt zu verbessern. Er setzte sich für den Bau von Markthallen, eines zentralen Schlachthofes oder von Kinderspielplätzen ein. Bis heute sind Ergebnisse seines Engagements im Stadtraum sichtbar. Seine politischen Aktivitäten gingen aber darüber hinaus: Er befürwortete als Reichstagsabgeordneter die Beschränkung der Militärausgaben und die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa. Er trat für Minderheitenrechte, gegen Antisemitismus und gegen Kolonialismus ein. So manches klingt erstaunlich aktuell, auch seine Überzeugung, dass Gesundheit, Wohlstand und Bildung sich gegenseitig bedingen.
Viele von Virchows Ideen sind in der Konzeption des Krankenhauses verwirklicht, dessen Name Würdigung und Vermächtnis ist. Am 12. Oktober ist der 200. Geburtstag von Rudolf Virchow. Wir würdigen seine Leistungen auf dem Stadtrundgang „Zeitalter der Epidemien“.
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